Mitarbeiterin

Technische Universität Berlin
Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik 

Projekt F - Zweite Förderphase

Teilprojekte

Künstlertum als paradigmatisches Schwellenphänomen.

Zur Konstruktion moderner Konzeptionen künstlerischer Kreativität um 1900

 

Zusammenfassung

Das Forschungsprojekt untersucht die diskursive Konstruktion moderner Konzepte des Künstlertums als eines Schwellenphänomens zwischen „Wahn“, „Trieb“, Mediumismus und „Normalität“, exemplarisch bezogen auf die Metropole Berlin. Gefragt wird, wie die Koppelung der künstlerischen Schöpferkraft an das Temperament der Melancholie, die durch Schopenhauer zu einer Verbindung von "Genie und Wahnsinn“ abgewandelt wurde, um 1900 aktualisiert und in Konzeptionen der künstlerischen Kreativität transformiert wird. Diese können als Produkt eines psychischen Schwellenraums begriffen werden, welchem aufgrund seiner Zwischenstellung zwischen Krankheit und Gesundheit, Kontrolle und Kontrollverlust, übersinnlichem und Sinnlichem besondere ästhetische Potenz zugeschrieben wird. Der Künstler wird dabei als Typus gesehen, der den Schwellencharakter moderner Subjektivität exemplarisch verkörpert. Im Zentrum des Interesses steht die Interdependenz von medizinisch psychiatrischer Literatur, Kunstliteratur (Kritiken, Künstlermonographien und kunstwissenschaftlicher Forschung) sowie literarischen und künstlerischen Selbstdeutungen bzw. -inszenierungen von Künstlern im Zeitraum zwischen 1890 und 1918. Ziel ist die Analyse, wie die Transformationen älterer Topoi in modernen Konzeptionen des Künstlertums zur Wirkung kommen. Exemplarisch soll die diskursive Vorgeschichte von Phänomenen wie der begeisterten Rezeption der Prinzhornsammlung durch moderne Künstler einerseits und der Entartungskampagne gegen moderne Kunst durch den Nationalsozialismus andererseits erhellt werden.